Der Museumsverband für Niedersachsen und Bremen e. V. (MVNB) möchte zusammen mit Dataport AöR Impulse für die digitale Transformation insbesondere mittlerer und kleinerer Museen in Niedersachsen setzen. Ziel ist es, 10 ausgewählte Museen in der Entwicklung und Implementierung einer digital-analogen Strategie zu begleiten, um auf diese Weise das Verständnis für die Bedeutung der Digitalisierung als Querschnittsaufgabe in der Fläche der niedersächsischen Museumslandschaft zu stärken und andere Museen dazu zu inspirieren und zu ermutigen, sich ebenfalls diesem Thema anzunehmen. Mit einem entsprechenden Kompetenz-Aufbau im Verband sowie der Veröffentlichung eines Praxisleitfadens möchte der MVNB in diesem Rahmen zukünftig die Digitalisierung zu einem Kernthema seiner Beratungs- und Fortbildungsleistung entwickeln. Das Projekt wird gefördert von der Stiftung Niedersachsen.
Das digital-analoge Museum
Digitalisierung betrifft heute alle Aufgabenbereiche eines Museums. Dabei geht es weniger um digitale Infrastruktur und Ausstattung als um die langfristige digitale Transformation des Museums zu einer erweiterten digital-analogen Organisation. Wie in allen Lebensbereichen beschleunigte die Corona-Pandemie auch die Digitalisierung der Museen.
Digitalität ist heute aus keinem Arbeitsalltag mehr wegzudenken. Längst geht es nicht mehr um bloße Office-Anwendungen, Internet und E-Mails, sondern um digitale Zusammenarbeit und Kommunikation. Mobiles Arbeiten und Videokonferenzen gehören mittlerweile zum Standard. Spezifische Bedeutung für die Museumsarbeit erlangte die Digitalisierung zunächst seit den 1990er Jahren im Sammlungsmanagement durch die Möglichkeiten der Datenbank-gestützten Inventarisation und Dokumentation. In den letzten Jahren hat die Online-Stellung von Objekten bzw. Objektdaten in Web-Portalen wie dem Kulturerbe Niedersachsen, der Deutschen Digitalen Bibliothek, DigiCult oder museum-digital zu einer enormen Verbesserung der Zugänglichkeit und Transparenz vieler Museumssammlungen geführt. Digitale Medienanwendungen haben die Möglichkeiten der interaktiven Ausstellungsgestaltung sowie der medialen Vermittlung (Audio- und Mediaguides, Apps) enorm erweitert. Auch Methoden des digitalen Crowdsourcing finden langsam Eingang in die Forschungspraxis der Museen. Der participatory turn der Medien verwandelte das Museumspublikum von Besucher*innen in Nutzer*innen. Soziale Medien unterschiedlicher Kanäle erweitern die klassische Pressearbeit zu einer teilhabeorientierten, dialogischen Medien- und Öffentlichkeitsarbeit. Im Lockdown des Kulturbereichs entwickelten die Museen schließlich mit viel Kreativität eine Fülle neuer digitaler Vermittlungsangebote, deren Spektrum von Online-Führungen, -Ausstellungen und -Vorträgen über digitale Workshops, Podcasts und Blogs bis hin zum Gaming reichen und auch nach der Wiederöffnung der Häuser nicht mehr aus den Museumsprogrammen wegzudenken sind. Ein Ende der digitalen Innovationen ist nicht abzusehen. Erste Museen experimentieren in der Sammlungsdokumentation mit KI und 3D-Scan-Technologien. Open-Access- und Common-Content-Strategien gewinnen immer mehr an Bedeutung, während zugleich einzelne Museen beginnen, digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln. Es wird ein breiter Diskurs um die Bedeutung der digitalen Besucher*innen geführt und die Sinnlichkeit der räumlich-analogen Begegnung mit dem authentischen Original neu reflektiert. Dabei scheint mittlerweile unstrittig, dass „analog“ versus „digital“ eine Scheindiskussion ist. Im erweiterten Museum des 21. Jahrhunderts stehen digitale und analoge Angebote und Aufgabenbereiche Seite an Seite. Um im Spannungsfeld zwischen zukunftsfähiger Weiterentwicklung und den eigenen Möglichkeiten entscheidungsfähig zu sein und relevant zu bleiben, braucht es daher eine digital-analoge Strategie.
Digital-analoge Strategien
„Eine digitale Strategie definiert und kontrolliert alle Strukturen, Maßnahmen, Projekte, Ressourcen, Kompetenzen und Wertigkeiten, aber auch Kosten und Nutzen, die ein Museum im Digitalen einsetzt, und führt sie in ein optimales Miteinander (»grammar of action«). Sie ist als grundsätzliche, langfristige und nachhaltige Verfahrensweise zu verstehen, ihre Umsetzung ist eine Querschnittsaufgabe und muss ganzheitlich verstanden werden, d. h. alle Abteilungen einer Kultureinrichtung sind involviert, wenn auch freilich unterschiedlich intensiv.“ (Christian Gries, Digitale Strategien für Museen, in: museum heute, 49/2016, S. 57-59, hier S. 58.)
Digitale Strategien schienen bisher eher ein Thema für große Museen zu sein. In Deutschland haben sich hier vor allem Häuser wie das Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg, das Übersee-Museum in Bremen, das Städel Museum in Frankfurt am Main, das Badische Landesmuseum in Karlsruhe oder das Landesmuseum Württemberg in Stuttgart mit der Entwicklung digitaler Strategien hervorgetan. Die Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Herausforderungen der digitalen Transformation ist jedoch für Museen jeder Größe heute wichtiger denn je. Museen müssen auf die neuen Herausforderungen nicht nur reagieren, sondern zeitgleich ihre Relevanz als Orte des Wissens und Austauschs in einer sich ständig verändernden Gesellschaft behaupten. Um die Potentiale und Anforderungen digitaler Technologien zielführend einzusetzen, benötigen Museen digital-analoge Strategien. Die Ausarbeitung einer solchen Strategie soll nicht nur eine Momentaufnahme sein, sondern allen voran ein wichtiger Bestandteil der institutionellen Planung und somit von allen Ebenen getragen werden. Schritt für Schritt zur digital-analogen Strategie
Wo sollen die Museen anfangen? Wie können Museen den neuen Bedarfen begegnen und für ihre Kontexte sinnvolle Möglichkeiten identifizieren? Und wie kann eine digital-analoge Museumspraxis strategisch entwickelt werden? Mit dem Projekt „Digital-analoge Strategien für die Museumspraxis“ will der Museumsverband für Niedersachsen und Bremen e.V. zusammen mit Dataport AöR, dem IT-Dienstleister für die öffentliche Verwaltung, Impulse für die digitale Transformation mittlerer und kleiner Museen in Niedersachsen setzen.
Das Kultur.Kompetenzzentrum von Dataport AöR hat dafür ein kompaktes Beratungsangebot entwickelt, in dessen Rahmen Museen Schritt für Schritt von der Erstberatung bis zur Entwicklung einer individuellen und auf Langfristigkeit ausgelegten digital-analogen Strategie begleitet werden. Im Ergebnis werden konkrete Maßnahmen und Projektideen vorliegen, die direkt umgesetzt werden können. Der Weg zur digital-analogen Strategie umfasst dabei folgende Etappen:
- Ganzheitliche Betrachtung des jeweiligen Museums
- Individuelle und ressourcenbasierte Strategieentwicklung
- Handlungsorientiert: Erarbeitung und Identifikation konkreter Maßnahmen in den Handlungsfeldern Vermittlung, Kommunikation, Infrastruktur und Arbeitskultur
- Analog und digital Hand in Hand: Identifikation sinnvoller, wirkungsvoller Maßnahmen, die das analoge Angebot / Strukturen / Prozesse ergänzen
- Breite Beteiligung: Einbeziehung der Mitarbeiter*innen in die Workshops
- Workshop-Formate: Niedrigschwellig, interaktiv und vor Ort in den Kultureinrichtungen
- Seminar: Grundlagen der Social Media-Kommunikation
- Verschriftlichung der digital-analogen Strategie: schriftliche Ausarbeitung der Ergebnisse
- Zeitraum: in ca. 8 Wochen zur fertigen Strategie
- Individuelle Begleitung von der Strategieformulierung
Unser Projektpartner Dataport AöR
Dataport AöR ist der Informations- und Kommunikationsdienstleister der öffentlichen Verwaltung für die vier Bundesländer Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen und Sachsen-Anhalt sowie für die Steuerverwaltungen in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. Die Anstalt des öffentlichen Rechts wurde aufgrund eines Staatsvertrages zum 1. Januar 2004 gegründet und hat ihren Sitz in Altenholz bei Kiel mit Niederlassungen in Hamburg, Rostock, Bremen, Lüneburg, Magdeburg und Halle. Dataport AöR versteht sich als zuverlässiger und verbindlicher IT-Dienstleister für mehrere Bundesländer. Ihr Auftrag ist die Entwicklung von IT-Infrastrukturen und das Vorantreiben der Digitalisierung in diesem Kontext. Dataport AöR entwickelt fortlaufend Lösungen für immer neue Herausforderungen, die aus dem öffentlich-rechtlichen Raum an sie herangetragen werden. Das Kultur.Kompetenzzentrum von Dataport AöR sieht seinen Auftrag darin, Kultureinrichtungen individuell zu beraten und gemeinsam mit ihnen die neuen Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung für die Vermittlung ihrer Themen sowie für ihre Arbeitsorganisation zu identifizieren und umzusetzen.
Bei Rückfragen beraten wir Sie gerne:
Dr. Thomas Overdick
Tel. (05 11) 21 44 98 41
thomas.overdick@mvnb.de
Das Projekt wird gefördert von der Stiftung Niedersachsen.